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II. Krisenherd Balkan
 
In der ganzen Zwischenzeit gärte es auf dem Balkan. Die verschiedenen slawischen Balkanvölker erstrebten ihre Freiheit von türkischer und österreichischer Herrschaft. Darin unterstützt wurde sie von Russland , das sich als Schutzmacht aller Slawen sah. Obwohl das Osmanische Reich immer schwächer wurde, regierte es immer noch in einer Reihe von Balkanländern. Südlich des türkisch beherrschten Streifens lag das unabhängige Griechenland, nördlich Bulgarien das Selbstverwaltung besaß, aber der Türkei noch immer tributpflichtig war, sowie das unabhängige Rumänien. Serbien schloss sich westlich an Bulgarien an. Umstritten war das benachbarte Bosnien. Dem Namen nach gehörte es zur Türkei, war aber 1878 von Österreich-Ungarn besetzt worden. Nördlich von Bosnien waren die Kroaten und Slowenen unter österreichischer Herrschaft. Wortführer der slawischen Unabhängigkeitsbewegung waren die serbischen Nationalisten.
1908 kam es zu einem Umsturz in der Türkei. Türkische Reformer, die so genannten „Jungtürken“, zwangen den türkischen Sultan Abdul-Hamid seine despotische Herrschaft aufzugeben und ein Parlament einzuberufen. Ziel der „Jungtürken“ war es den Verfall des Osmanischen Reiches aufzuhalten. Eine Stärkung des Osmanischen Reiches war jedoch nicht im Sinne Russlands, das den Besitz der Dardanellen anstrebte, um Zugang zum Mittelmeer zu erhalten, und auch nicht im Sinne Österreichs, das Bosnien endgültig annektieren wollte.
Deshalb regten die beiden Länder eine Konferenz der Großmächte an, in der Österreich die russischen und Russland die österreichischen Ansprüche unterstützen wollte. Jedoch bevor die Konferenz zusammentreten konnte, annektierte Österreich bereits Bosnien. Im selben Jahr erreichte Bulgarien seine volle Unabhängigkeit, und die Insel Kreta ging von türkischen in griechischen Besitz. Da Frankreich und England die russischen Ansprüche auf dem Balkan nicht unterstützten, ging Russland zu seiner großen Verärgerung leer aus. Die Konferenz wurde nie einberufen.
Die erste Balkankrise ging ohne Krieg vorbei, hinterließ aber viel Bitterkeit.
Die Russen waren erbittert über ihren Fehlschlag, die Türkei über den Verlust Bosniens, und Serbien über die Einverleibung Bosniens durch Österreich.
Der serbische Geheimbund „Narodna Odbrana“, meist „Schwarze Hand“ genannt, beginnt mit der Unterstützung von Teilen des serbischen Militärs mit Anschlägen auf hochgestellte Persönlichkeiten der K.u.K.-Monarchie.
 
1911 erklärt Italien, das Großmachtansprüche erhebt, der Türkei den Krieg und besetzt schnell Tripolis und die Inseln des Dodekanes. Ermutigt durch Russland kommt es im März 1912 zum Zusammenschluss von Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro zum 1. Balkanbund, dessen Zweck es ist , sich ebenfalls ein Stück vom türkischen Kuchen abzuschneiden. Im Oktober 1912 erklärt diese Koalition der Türkei den Krieg. In kurzer Zeit werden die Türken besiegt. Im Streit um die Beute kommt es nun aber zu Spannungen zwischen Serbien und Bulgarien. Im Juni 1913 kommt es zum zweiten Balkankrieg, in dem Bulgarien Serbien angreift. Die Intervention Griechenlands, Rumäniens, Montenegros und der Türkei zugunsten Serbiens macht die Verwirrung auf dem Balkan perfekt. Desweilen kommt es zu einer Abkühlung der rumänisch-österreichischen Beziehungen, da Österreich zugunsten Bulgariens einzugreifen droht, aber von Deutschland zurückgehalten wird. Im August 1913 kommt es zum Frieden von Bukarest: Bulgarien verliert Mazedonien an Griechenland und die Dobrudscha an Rumänien. Serbien ist enttäuscht, da es sich von den Kriegen einen Zugang zur Adria erhoffte, aber hierin besonders von Österreich-Ungarn behindert wurde.So war auch die zweite Balkankrise ohne einen allgemeinen europäuischen Krieg vorrüber gegangen. Die dritte Balkankrise ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Sie sollte Europa in den Krieg stürzen.